Geschäftsbericht 2022

Wirtschaftsbericht 17 aber dramatische Folge der Überteuerung der Neubauwohnungen ist, dass der Großteil aller bestehenden Immobilien sich am Immobilienmarkt in einer Sogwirkung ähnlich verteuert haben wie die Neubauwohnungen. Diese Preissteigerung schlägt jetzt global auf den Mietwohnungsmarkt durch. Der regelrechte Zinsschock mit der Folge einer Verdreifachung der Kapitalkosten spitzt die Leistbarkeit zu, denn es steigen die Neubaumieten für Normalverdiener weiter auf ein unbezahlbares Level. Selbst einkommensstarken Haushalten ohne z. B. Erbschaft bleibt oft nur noch die traurige Zuschauerrolle auf dem Neubaumarkt. Aber auch die sozialorientierten Wohnungsunternehmen können ohne stark verbesserte, zusätzliche öffentliche Förderungen so keinen MietwohnungsNeubau mehr errichten. Deshalb muss hier dringend erheblich nachgebessert werden. Als kleine Nische bleibt absehbar nur noch hochwertiger freifinanzierter Neubau, um die Wohnungsbautätigkeit nicht vollständig zum Erliegen zu bringen, denn kapitalstarke Eigennutzer oder Investoren mit Wertsicherungsstrategie bleiben treue und seriöse Nachfrager. Fazit: Der wesentliche Teil des Dilemmas ist durch die permanente Erhöhung der Baustandards bei knappem Angebot verursacht, das jetzt durch die Zinswende noch potenziert wird. Wann kommt angesichts dieser Herausforderung endlich die Einsicht, dass die zügellose Steigerung der Baustandards längst an der finanziellen Machbarkeit vorbeigeht? Die derzeitige politische Sicht, dass Klimaneutralität nur mit noch höheren Dämmstandards und teuren, überambitionierten haustechnischen Vorgaben erzwungen werden soll, verstärkt das wohnungspolitische Dilemma und droht zu einem gesellschaftlichen auszuwachsen. Wir brauchen dringend eine fundamentale Reduzierung der baukostensteigernden Gesetze, Normen, Verordnungen und rechtlichen Beschränkungen bei Brandschutz, Schallschutz, Barrierefreiheit, Stellplatznachweisen, teilweise auch Statik und Schneelastvorgaben, Wartungsintervallen, TÜV-Prüfungen, u. v. m. Es muss jetzt endlich ein Ruck durch Deutschland gehen (Zitat: Roman Herzog), um eine überfällige „Zeitenwende im Wohnungsbau“ einzuleiten. Es ist im Grunde fünf nach zwölf. Was könnte zu einer Preisberuhigung am Wohnungsmarkt führen? Zunächst kann festgehalten werden, dass Mieter in länger bestehenden Mietverhältnissen durch die strenge, mieterfreundliche Gesetzgebung gut abgesichert und vor deutlichen Mieterhöhungen grundsätzlich fair geschützt sind. Doch wer eine Neuanmietung mit kleinem Budget anstrebt oder benötigt, tut sich sehr schwer. Deshalb brauchen wir dringend eine neue öffentliche Förderung, die zu einer Vervielfachung von verbilligten Wohnungen führen könnte. Wie könnte das gehen? Durch eine Förderung von „Sozialwohnungen 2.0“ im vorhandenen, zeitgemäß modernisierten Wohnungsbestand der 50er bis 70er Jahre der sozialorientierten Wohnungsunternehmen. Was meinen Sie damit, was empfehlen Sie? Die Mietspiegel-Miete bei den jährlichen Neuvermietungen der großen Zahl an Bestands-Mietwohnungen der 50er bis 70er Jahre der sozialorientierten kommunalen Wohnungsunternehmen oder Wohnungsgenossenschaften könnte in einer Größe von rund 25 % durch eine Förderung für den neu einziehenden Mieter (mit einer Wohnberechtigung) um rund 20–25 % reduziert werden. Wenn diese Reduzierung um rund 1,50–2,00 Euro/m² als Gegenleistung für eine neue Mietpreis- und Belegungsbindung (Ankauf von Belegungsrechten) alle Wohnungsunternehmen des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft Deutschland (GdW) mit einem Bestand an rund 3 Millionen Mietwohnungen unbürokratisch erhalten würden, ließe sich eine fast wundersame Vermehrung zusätzlicher öffentlich geförderter Wohnungen von rund 50.000 Wohnungen jährlich generieren. Dies wird durch geförderten Neubau von Mietwohnungen (2022 = rund 25.000 Wohnungen) nicht annähernd möglich werden, zumal mit tatsächlichen Gesamtfertigstellungen von 200.000 Wohnungen pro Jahr die angestrebten 400.000 Wohnungen der Regierung fern jeder Realität sind.

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